Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Das Orchester wurde wesentlich von seinen Chefdirigenten geprägt. Den verschiedenen programmatischen Schwerpunkten der bisherigen Chefdirigenten sowie der großen Flexibilität und Stilsicherheit jedes einzelnen Musikers verdankt das Orchester sein außergewöhnlich breit gefächertes Repertoire, das von Werken des 18. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart reicht. Besonders die Pflege der Neuen Musik hat beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eine lange Tradition, gehören die Auftritte im Rahmen der 1946 von Karl Amadeus Hartmann gegründeten "musica viva" doch von Beginn an zu den zentralen Aufgaben. Hier erlebte das Münchner Publikum legendäre Aufführungen zeitgenössischer Werke, bei denen die Komponisten häufig selbst am Pult standen, so etwa Igor Strawinsky, Darius Milhaud, Paul Hindemith sowie in jüngerer Zeit Karlheinz Stockhausen, Mauricio Kagel und Luciano Berio.
Schon bald nach seiner Gründung 1949 durch Eugen Jochum entwickelte sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zu einem Elite-Klangkörper, dessen weltweiter Ruhm sich mit den Jahren, nicht zuletzt durch seine intensive Reisetätigkeit in nahezu alle europäischen Länder, nach Asien sowie nach Nord- und Südamerika, immer weiter ausbaute und festigte. Die Reihe der Gastdirigenten des Orchesters liest sich wie eine Geschichte des Dirigierens im 20. Jahrhundert: Clemens Krauss, Ernest Ansermet, Ferenc Fricsay, Erich Kleiber, Hermann Scherchen, Otto Klemperer, Karl Böhm, Bernard Haitink, Günter Wand, Sir Georg Solti, Wolfgang Sawallisch, Claudio Abbado und Riccardo Muti, um nur einige zu nennen, waren bzw. sind treue Gäste. Eine besonders enge künstlerische Freundschaft verband das Orchester mit Leonard Bernstein, der bis zu seinem Tod im Jahr 1990 regelmäßig in München am Dirigentenpult stand und für unvergleichliche Konzerterlebnisse sorgte.
Eine wichtige Aufgabe des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks ist die Förderung des musikalischen Nachwuchses. So verfolgt die 2001 gegründete Orchester-Akademie das Ziel, junge Musiker für ihren späteren Beruf vorzubereiten: Über einen Zeitraum von zwei Jahren erhalten 18 Stipendiaten instrumentalen Einzelunterricht durch Mitglieder des Symphonieorchesters, werden in die Proben- und Konzertarbeit des Orchesters eingebunden und zugleich für das Probespielen vorbereitet. Weitere Aktivitäten, durch die ein neues junges Publikum an die klassische Musik herangeführt werden soll, sind zu einem eigenen Programm namens "Junge Elite" zusammengefasst. Im Rahmen dieser Aktivitäten wird auch jungen Musikern die Gelegenheit geboten, sich musikalisch mit den Musikern des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks auszutauschen, mit ihnen zu spielen und so von deren Erfahrungen zu profitieren.
Die Geschichte des Symphonieorchesters verbindet sich natürlich auf das Engste mit den Namen seiner bisherigen vier Chefdirigenten. Der Gründer Eugen Jochum stand dem Orchester elf Jahre (von 1949 bis 1960) vor. Er leistete die gesamte Aufbauarbeit, er begründete den weltweiten Ruf des Orchesters durch erste Auslandstourneen, und ihm verdankte das Münchner Publikum unvergleichliche Interpretationen der Symphonien Anton Bruckners. Außer Bruckner hat sich Eugen Jochum in besonderem Maße der geistlichen Musik angenommen.
Rafael Kubelik, der das Orchester 18 Jahre lang (1961 bis 1979) leitete, erweiterte das Repertoire um Werke slawischer Komponisten, so von Smetana, Janacék und Dvorák, setzte sich bevorzugt für Komponisten des 20. Jahrhunderts, wie z.B. Karl Amadeus Hartmann, ein und dirigierte den ersten Mahler-Zyklus mit einem deutschen Orchester, der auf Schallplatte aufgenommen wurde. Seine impulsiv-emotionale Herangehensweise an die Musik wurde von allen Orchestermitgliedern geschätzt und ließ die "Ära Kubelik" zu einer der fruchtbarsten in der Geschichte des Klangkörpers werden.
Mit Sir Colin Davis hatte das Orchester einen anerkannten Berlioz-Spezialisten als Chefdirigenten (1983 bis 1992) gewonnen, der sich zugleich als exzellenter Anwalt der Wiener Klassik und englischer Komponisten wie Edward Elgar, Michael Tippett und Ralph Vaughan Williams präsentierte. Ein Schlüsselwerk in seinem Repertoire war Beethovens "Missa solemnis", die er sowohl zu Beginn als auch zum Abschied seiner gemeinsamen Arbeit mit dem Symphonieorchester dirigierte.
Seit 1993 leitete Lorin Maazel das Symphonieorchester. Er setzte insbesondere durch die zyklische Aufführung der symphonischen Werke von Beethoven (1995 und 2000), Brahms (1998), Bruckner (1999) und Schubert (2001) programmatische Akzente. Mit dem Mahler-Zyklus 2002 verabschiedete er sich von seinem Orchester. Durch seine ökonomisch konzentrierte und präzise Arbeit erlangte das Symphonieorchester eine äußerste technische Perfektion, die es heute zu einem der besten der Welt zählen lässt.
Von großer Freude ist die Zusammenarbeit des Symphonieorchesters mit Mariss Jansons geprägt, der im September 2003 die Position des neuen Chefdirigenten antrat. In seiner Programmzusammenstellung ist es Mariss Jansons ein Anliegen, die große musikalische Bandbreite des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks unter Beweis zu stellen. Das Repertoire der von ihm dirigierten Werke reicht von Haydn, dem mit den "Londoner Symphonien" ein besonderer Schwerpunkt gilt, bis zu zeitgenössischen Komponisten wie Rodion Schtschedrin. Seine Programme umfassen das große klassische Repertoire ebenso wie kostbare musikalische Raritäten. Die Konzerte in München sowie auf Tourneen in die wichtigsten europäischen Musikmetropolen wurden von Medien und Publikum mit großer Begeisterung aufgenommen. Von 2004 bis 2006 ist das Symphonieorchester mit seinem Chefdirigenten vom "Lucerne Festival" zu Ostern zu einer Orchester-Residenz eingeladen.
Auch auf dem CD-Markt ist das Orchester vertreten. Derzeit komplettiert Mariss Jansons seine Gesamteinspielung aller Schostakowitsch-Symphonien, an der bisher verschiedene Spitzenorchester beteiligt waren und die nun vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks fortgesetzt wird. Auf SONY Classical entwickelte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ein Eigenlabel, auf dem die beiden ersten CDs im Oktober 2004 erschienen sind.